
KUNST HELGOLAND
Gemalte Insel-Geschichte
Einen einmaligen Einblick in 200 Jahre Geschichte der Malerei – und damit der bewegten Geschichte Helgolands – bietet die Gemäldesammlung des Hotels Rickmers Insulaner auf Deutschlands einziger Hochseeinsel. „Über zwei Jahrhunderte fanden schon große Künstler ihre eigene Sichtweise auf die Insel“, erklärt Insel-Hotelier Detlev Rickmers, „einige der historischen und gesellschaftlichen Umbrüche lassen sich anhand der hier ausgestellten Werke gut nachvollziehen.“ Leidenschaft für die Kunst wird in seiner Familie seit Generationen gepflegt, einer Familie, die seit Jahrhunderten mit der Insel Helgoland verbunden ist. Nach dem Motto „Bett gegen Bild“ etablierte sich bereits zu Beginn des Seebades ab 1826 die Möglichkeit für Künstler, ihre Unterkunft mit vor Ort entstandenen Bildern zu „bezahlen“.
Viele dieser Arbeiten zierten seinerzeit das Hotel „Empress of India“ – das Logierhaus gehörte Familie Rickmers und wurde 1945 zerstört –, die oft mit persönlichen Erinnerungen verbunden waren. „Besonders eng war die Verbindung meiner Großeltern und meines Vaters zu Johannes Holst“, erklärt Rickmers und weist auf das Gemälde „Stürmische Nordspitze“, das heute in seiner Hotel-Galerie zu sehen ist.
Die „Fischer von Helgoland“ schuf der Expressionist Conrad Felixmüller. In den frühen 20er-Jahren malte der Rumäne Arthur Segal seine kubistisch wirkenden Inselbilder. Von Heinrich Kley, Zeichner für den „Simplicissimus“ und die Zeitschrift „Jugend“, nach der der Jugendstil seinen Namen erhielt, existieren teils cartoonartige Inszenierungen und Postkarten. Einen anderen Stil verfolgte der Hamburger Wilhelm Hoffmeister mit seinen surrealistischen Bildern. „Wir zeigen ein Selbstbildnis, bei dem er auf der Langen Anna steht und einen Autounfall am Klippenrand beobachtet“, so Rickmers. In den 30er-Jahren wurde die Kunst politisch bewertet und genutzt. Maler wie Michael Kiefer und der Kriegsmaler Claus Bergen setzten sich in Szene – ihre Arbeiten „Wacht zur See“ und eine klassische Inselansicht wurden, aufgelockert mit zwei abstrakten Werken, platziert.
Waren bei der Zerstörung der Insel im Zweiten Weltkrieg auch wertvolle Bilder verloren gegangen, setzte sich die künstlerische Auseinandersetzung – nach dem Wiederaufbau der Insel 1952 – fort. Ein Künstlertreff entstand, ein Kunsthandel holte alte Bilder wieder nach Helgoland und gewann neue Künstler für das Thema. Dazu gehören Ronald Franke, dessen Ansicht vom Südstrand und die „Westküste mit Tetrapoden“ im Insulaner hängen. Der Marinemaler Jochen Sachse ist mit seinem „Wappen von Hamburg“ vertreten so wie der für seine Bilder aus der Arbeitswelt bekannte Hans Dieter Tylle. Künstler auf ihrem Weg zu begleiten, hat im Hotel Rickmers Insulaner Tradition: In diesem Sinne startete Detlev Rickmers 1989 die erste Verkaufsausstellung mit Hans-Peter Wirsing, einem Meister maritimer Szenen im fantastischen Realismus. Im Jubiläumsjahr 1990, Helgoland war 100 Jahre deutsch, schuf Hans-Peter Wirsing das großformatige Bild am Eingang des Restaurants, heute das bekannteste Helgoland-Motiv der Nachkriegszeit. 2006 folgte die Ausstellung „Kunst ist eine Insel“ der internationalen Künstlergruppe Paradox mit Installationen, Performances, Skulpturen und Malerei. 2016 präsentierte das Hotel Rickmers Insulaner die Hamburger Fotografin Janet Hesse und den Maler Dirk Bunte, die die Fotoserie „Schatten der Vergangenheit“ schufen. Einem handwerklich ungewöhnlichen Stil folgt Christopher Lehmpfuhl, der seine kraftvollen Bilder ausschließlich mit den Händen gestaltet. Das beeindruckende Ergebnis ist sein großes Werk mit Blick auf das Unterland.
Detlev Rickmers ging 2021 neue Wege, um eine hochaktuelle Kunstrichtung auf die Insel zu locken: Der alte, 132 Meter lange Bunkertunnel, Transportrelikt aus dem 19. Jahrhundert, erschien ihm als perfekter Ausstellungsrahmen für Künstler aus der Pop- und Street-Art-Szene, die sich mit dem Thema Helgoland befassen. Gelungenes Beispiel aus der Ausstellung „Annas Art Affair“ ist die Arbeit „Annas Bananas“ des Hamburger Künstlers MicArt63 am Eingang des Hotels.
In Zusammenarbeit mit der Hamburger Galerie von Michael Habel und Stephan Krüll popstreet.shop wurde auch die zweite Ausstellung 2022 zum vollen Erfolg. Und auch in diesem Jahr können Besucher mit Taschenlampen diese wohl einzigartige Ausstellungsszenerie
entdecken und wieder an Spraypaint-Workshops teilnehmen. Detlev Rickmers ist mit Recht stolz, dass er mit seinem Hotel Rickmers Insulaner dazu beitragen konnte, eine neue, international beachtete Kunstrichtung für die Insel zu gewinnen: www.insulaner.de
Texte: Renate Preuss/Detlev Rickmers
Fotos: Smilla Dankert
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