
Eröffnung River Loft Hotel & Spa in Brunsbüttel
Kurzbesuch am Nord-Ostsee-Kanal – Loge frei für dicke Pötte
In Brunsbüttel Urlaub machen, das klingt eher ungewöhnlich – nicht unbedingt die erste Wahl. Die Schleusenstadt an der Elbmündung und am Eingang zum Nord-Ostsee-Kanal (NOK) ist was für Wetterfeste, Radler und Schiffsgucker. Deshalb bin ich gespannt, was mich erwarten wird. Und natürlich auch gespannt auf das neue Lifestylehotel River Loft, das am 12. Januar 2023 offiziell seine Pforten geöffnet hat um auch Touristen in den südlichen Zipfel Dithmarschens zu locken. Von Sabine Griem
Meinen ersten Aufenthalt in Brunsbüttel erlebte ich als Fünfjährige: Mein Bruder hatte für die großen Sommerferien auf einem Kümo (Küstenmotorschiff) als Schiffsjunge angeheuert, welches Zement oder Sand nach Finnland bringen und Holz holen sollte. Er ging mit seinem Seesack an Bord derJuliusHauschildt(gebaut 1957 auf der Sietas Werft in Neuenfelde). Am Nachmittag dann der Anruf über Norddeich Radio: er hatte seinen Reisepass vergessen, aber in Brunsbüttel würde die Schleusenzeit für die Übergabe der Papiere ausreichen. Und so begann an dem warmen Sommerabend eine Wettfahrt gegen die Zeit in dem schicken und schnellen Karman Ghia meines Vaters. Die Eltern auf den Vordersitzen, die Lütte im Fond brausten wir los über Landstraßen (die A-21 gab es noch nicht), durch die Dörfer Wedel, Uetersen, Elmshorn, Glückstadt, Wilster Richtung Schleusenstadt.
Eine aufregende Fahrt damals ohne Navi (hatte mein Vater im Kopf), Mobiltelefon oder andere technische Hilfsmittel. Es gab kaum Ampeln und wenig Verkehr, trotzdem war es eine lange und umständliche Fahrt. In Brunsbüttel angekommen, war dieJulius Hauschildtschon geschleust und unterwegs Richtung Holtenau. Mein Vater ließ sich die Position geben und per Funkspruch mitteilen, dass wir auf dem Weg zur vereinbarten Halteposition seien (zwischen Hochdonn und Rendsburg).
Also weiter am Kanal entlang gejachtert. Beim Erreichen derJulius Hauschildtwar es fast dunkel. Wir kletterten die steile Gangway hoch auf das beleuchtete Achterdeck, mein Vater voraus mit dem Pass wedelnd, knurrte er kurz seinen Sohn an. Achim bekam seine Papiere und die Lütte zwei große Glas Johannisbeersaft vom Smutje (Koch). Dann von Bord, die Gangway wurde eingeholt, wir winkten zum Abschied und der Kümo rauschte mit reichlich Speed Richtung Kiel-Holtenau – rechtzeitig zur nächsten Schleusung. Die Rückfahrt verschlief ich auf dem Rücksitz.
Im Kanal durfte er nicht ans Ruder aber auf der Ostsee. Die Reise dauerte zu der Zeit drei bis vier Wochen und in Helsinki gab es einen kleinen Zwischenfall: Im letzten Büchsenlicht warf mein Bruder den Tampen zum Anlegen. Nanu, was war denn das? Der Poller bewegte sich und lief davon! Er hatte einen betrunkenen Finnen erwischt, der am Kai eingeschlafen war. Der Kümo wurde übrigens abends und nachts immer extra gesichert und bewacht – die Finnen stiegen gerne mal ein auf der Suche nach Hochprozentigem. Das Wetter war durchwachsen und es gab auch einen Sturm mit Windstärken 7 bis 8, da ging es ganz schön zu kehr auf dem 51 Meter langen Küstenmotorschiff. Mein Bruder war seefest (wie alle in unserer Familie) und überstand auch den Sturm ohne Probleme. Dass er tatsächlich noch in die Seekrankheit gesabbelt wurde, kann er bis heute nicht fassen: Gegen Ende der Reise erlaubte sich die Besatzung diesen Scherz mit ihm: Mensch Junge, Du bist ja ganz grün im Gesicht! Geht’s Dir nicht gut? So ging es den ganzen Nachmittag und abends war ihm dann tatsächlich schlecht...
Mittlerweile ist die Hafenstadt an der Elbmündung von Hamburg aus in gut einer Stunde erreichbar. Bei der Ankunft ist es stürmisch und leicht regnerisch. Bis zur Eröffnungsfeier des River Loft & Spa Hotel ist noch etwas Zeit. Also ab an die Schleuse: Etwa 30.000 Schiffe passieren jährlich den Nord-Ostsee-Kanal, kurz NOK. Geschleust werden alle Schiffe, die nicht zu lang (310 Meter), zu dick (42 Meter) oder zu viel Tiefgang (9,5 Meter) haben. Mit Glück gibt’s noch was zu gucken an der meist befahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt!
Wir haben Glück: DieSpiritaus dem niederländischen Sneek wartet auf Öffnung des Schleusentors und „Grün” für die Weiterfahrt. Von der Aussichtsplattform aus guckt man mittschiffs direkt in das eckige Gedärm des Container-Feeders. Sehr spannend und beeindruckend so ein Schiff auf Tuchfühlung zu erleben. Das finden nicht nur wir, sondern auch die wenigen Eingeborenen, die an diesem Nachmittag an der großen Schleuse vorbeischauen. Die Anwohner längs des NOKs sind auf dem quivive. Die Schleuse, die kleinen und die großen Schiffe – alles haben sie im Blick – gab es doch in den letzten Jahren allerlei Malheurs. Mal wurden ein Schleusentor oder die Uferböschung malträtiert und erst kürzlich beschädigte ein finnisches Schwerlastschiff mit seinem Kran beide Holtenauer Hochbrücken in Kiel! Der Blick eines Rentners Richtung Brücke derSpiritsagt alles: Mach keinen Scheiß! Und so wartet das Cargoschiff bis das Schleusentor komplett geöffnet ist, erst dann machen die Festmacher die Tampen los und sie setzt sich langsam in Bewegung. Wir winken, die Besatzung winkt zurück. Allzeit Gute Fahrt,Spirit!
Bis zum „besten Haus am Platz” ist es nicht weit. Das trendige, funkelnagelneue Lifestyle Hotel an dem kleinen Flüsschen Braake ist noch viel schöner als auf den Fotos. Auf über 180 Pfählen errichtet – der Marschboden ist nicht so tragfähig –, leicht versetzt angelegt und mit schönem Kalksandstein verblendet. Die Ansicht mit den bodentiefen Fenstern aus Schwarzstahl trägt die eindeutige Handschrift der Architekten Ladehoff und erinnert an das Lighthouse in Büsum oder die Bretterbude in Heiligenhafen. Von Hoteldirektor Fabian Engels erfahren wir, dass das River Loft durch lokale Firmen gebaut wurde und mit 52 Vollzeitstellen auch ein wichtiger lokaler Arbeitgeber ist. Und da es vor Ort kein Café gab, hat man kurzerhand noch das Boathouse mit seiner schönen Terrasse untergebracht. Hotel- und Restaurantbetrieb wurden bereits im August 2022 „sanft” geöffnet, um die Crew einzuarbeiten und eventuelle Nachbesserungen vorzunehmen. Hat alles gut geklappt und es gab bereits über 20 Hochzeitsfeiern, berichtet stolz der Hoteldirektor.
Läuft eigentlich alles rundum super, bis auf die Fährverbindung von Brunsbüttel ins nahe Cuxhaven auf der anderen Elbseite (Dezember 2021 eingestellt). Die Fähre wäre sehr wichtig sowohl für Anrainer als auch für Touristen. Was die Elbquerung angeht, wird viel geredet, passiert ist bis jetzt noch nichts. Das missfällt nicht nur dem Hoteldirektor, auch Hamburger können das nachfühlen: bei uns sieht’s nicht viel besser aus... Da genießen wir lieber die coole Lounge und die besondere Geschichte des River Lofts.
Alles auf Anfang
Was 1926 als kleiner Festmacherbetrieb der Familie Schramm begann, ist heute ein großer Spezialist in Sachen maritime Dienstleistungen und aus Brunsbüttel gar nicht mehr weg zu denken. Die Familie ist dort fest verwurzelt, was sie anpackt hat Hand und Fuß. Stetig am Wachsen stellte sich irgendwann die Frage wo denn Geschäftsreisende, Mitarbeiter oder Touristen ihr müdes Haupt betten sollen? Da hatte man in Brunsbüttel dringenden Bedarf und die klare Ansage ging an Hans Helmut Schramm: Du machst das!Hans Helmut und seine Frau Pia gingen mit Elan an die Arbeit und machten als Probelauf ein Hotel aus dem 19. Jahrhundert wieder flott. 2011 eröffnete das sehr schöne maritime Boutique-HotelKleiner Yachthafenmit 19 Doppel- und 14 Einzelzimmern, alle liebevoll gestaltet und individuell eingerichtet von Piawww.hotel-kleiner-yachthafen.de. Die Schramms konnten also auch Hotel, aber das relativ kleine Hotel Garni deckte bei weitem nicht die Nachfrage. Was Neues musste her!
Nordischer Lifestyle mit persönlicher Handschrift
Ein Hotel was norddeutsche Herzlichkeit und moderne Architektur verbindet, etwas ganz Besonderes, Einzigartiges für die Region im südlichen Dithmarschen sollte es werden.Hans Helmut war für das Äußere zuständig und Pia für das Innere. Entstanden ist ein großzügig bemessenes Haus mit 83 individuell eingerichteten Zimmern im Loftstil (sechs davon sind Loft Suiten und zwei exklusive River Loft Suiten). Hochwertige Eichenböden, Wandheizung, maßgefertigte Waschtische – die gesamte Inneneinrichtung wurde zusammen mit den Einrichtungsexperten von Cosman Interior gestaltet.
Und es gibt noch eine sehr persönliche Besonderheit in dem Licht durchfluteten Bau mit seinen hohen Decken: Familie Schramm öffnete das Familienalbum mit phantastischen Bildern aus der Festmacherzeit in den 50er bis 80er Jahren. An den Wänden hängen wunderbare Schwarzweiß-Aufnahmen (die sich in den Zimmern als Wandtapete wiederholen) mit wettergegerbten Festmachern, knorrigen Schauerleuten, Tauchern und elegant-gediegenen Schiffen, die auch die Bewohner an den Kai lockten. Wenn so ein schöner und/oder skandalträchtiger Frachter Ladung löschte oder schleuste, dann band die Brunsbüttlerin die Schürze ab, legte Lippenstift auf und bestaunte mit frisch gelegter Wasserwelle (jetzt meine ich die Haare!) das aufregende Schauspiel.
Eine weitere Besonderheit im River Loft ist der Wellness-Bereich, der räumlich direkt an das öffentliche Freizeitbad grenzt. Dort kann man bei Badewannen-Temperatur vom Innen- ins Außenbecken schwimmen.
Der kurze Aufenthalt in der betriebsamen Hafenstadt und im River Loft hat mir sehr gut gefallen.Am Morgen nach einem leckeren Frühstück im Restaurant Outer Roads (übersetzt: Außenreede und bezieht sich auf die Anker- und Warteplätze in der Bucht), komme ich mit einem Lübecker ins Gespräch, der zwei Tage die Woche im Hotel wohnt. Wie denn die Eingeborenen so sind? Knapp in Worten, aber unglaublich nett und hilfsbereit! Wie er denn das River Loft findet? Einfach prima! Alles bis ins kleinste Detail gut durchdacht und sehr hochwertig ausgestattet. Er gastiere nun schon einige Monate und fühle sich dort pudelwohl! Mehr Kompliment geht kaum!
Dort kann man vortrefflich ankern und wir wünschen „Allzeit Gute River-Loft-Zeit” in Brunsbüttel!
Hunde erlaubt nach Rücksprache; weitere Infoswww.river-loft-hotel.de
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