Seemansgarn – Angelos Upcyclingprojekte zeichnen sich durch Humor und Provokation aus.
Upcycling – Kunst aus Sylter Strandgut
Upcycling - Artpieces aus Strandgut
Anspruchsvolle Street Art meets figurative Plastiken und ergibt? Richtig, einzigartige Artpieces aus Strandgut! Wir featuren zwei ganz unterschiedliche Sylter Kunstschaffende dieses besonderen Upcyclings. Angelo Schmitt hat sich weltweit auf meeresmüll fokussiert, Birgit Borstelmann sucht im Sperrmüll und auf Straßenflohmärkten. Für beide ist auch der Sylter Strand eine große Fundgrube.
Angelo Schmitt
Unter dem bezeichnenden Titel „shades of trash“ präsentiert der Sylter Angelo Schmitt seine bunte Kollektion skurriler Gestalten und aufwändiger Bauten, ein Gesamtkunstwerk mit dunkler Vergangenheit: Stück für Stück aus Meeresmüll zusammengefügt. Angefangen hat die farbstarke Angelegenheit vor 16 Jahren. Schon damals bot der Flutsaum eine riesige Auswahl an Dingen, die eigentlich nicht ins Meer gehören und für Angelo war schon damals – als leidenschaftlicher Surfer – das Wohlbefinden seiner Sportarea eine Herzensan-gelegenheit. So suchte er als Vorreiter des Beach Cleanings den Strand ab. „Das Plastik-Thema war damals so unsexy, dass es eigentlich nur Gelächter gab.“ Zusammen mit seinem Sohn fand er viel Überraschendes. „Mein Sohn Tay war die Inspiration für Shades of Trash“ – der Lütte entdeckte in dem zusammengewürfelten Zeug verrückte Gesichter und ganze Figuren. Die erste skurrile Mannschaft für die Shades of Trash-Arche ging an Bord. Heute schätzt Angelo seine Meer-Müll-Mannschaft auf circa 250 Objekte. „Viele haben wir auch vor Ort gelassen, nicht all den Müll nach Sylt geschleppt“. „Vor Ort“ – das meint: an Stränden rund um den Globus. Als erfolgreicher Surfer und Teilhaber eines Surfer-Maga-zins ist er viel auf Reisen und sammelt auch dort Strandgut, „um auf das globale Problem aufmerksam zu machen.“
Um das Umweltschutzproblem hier vor der Haustür der Nachwuchsgeneration nahe zu bringen, engagiert sich Angelo auf mehren Wegen. Um die Kids die Natur live und in Farbe hautnah spüren zu lassen, geht es per Board aufs – manchmal auch ins – Wasser. Bei speziellen Kursen für onkologisch erkrankte Kinder – einzigartig weltweit – gehört Angelo als Surflehrer und ausgebildeter Kinderyogalehrer von Anfang an zum Team. Und natürlich kommt auch sein Herzensprojekt „Shades of Trash“ ins Spiel. Um auf spielerische Weise das Naturbewusstsein zu stärken, können die kreativen Youngster aus selbstgesammeltem Material ganz eigene Kunstwerke schaffen. Doch wer hier nettes Kunsthandwerk erwartet, wird enttäuscht. Er macht klar: „Dieses Thema kann in meinen Augen nur provokant und lustig kommuniziert werden. Sonst guckt keiner hin!“
@shades_of_trash
Birgit Borstelmann
Angelo Schmitt verwandelt den als Beach Cleaner gefundenen Sylter Strandmüll in trendige Art Pieces. Was bringt eine gestandene Goldschmiedin wie Birgit Borstelmann dazu, von edlem Metall auf altes Blech umzusatteln, nicht ahnend, dass sie damit als erfolgreichste Automata-Bauerin Deutschlands Karriere machen würde. „Die Ideen haben sich im Laufe der Jahre entwickelt. Zu Beginn war da nur der Wunsch, mechanische Objekte zu bauen und ich habe erst einmal viel experimentiert. Es gab einiges über Mechanik und ihre Umsetzung zu lernen. Auch Holz war ein neuer Werkstoff für mich und gleichzeitig galt es eine äußere Formensprache zu entwickeln,“ erklärt sie ihre ersten Versuche, Gebrauchtes in Kunst zu verwandeln. Reichlich Übungsmaterial spülte ihr der heimatliche Sylter Strand – ebenso wie bei Co-Insulaner Angelo – vor die Füße: Holz und Plastik, Deckel, Fischernetzschwimmer, zerschlissene Fahnen und Drachenstoffe. Doch Birgit wollte mehr! Kurzentschlossen erweiterte sie ihre Sammeltrips auf Flohmärkte, Haushaltsauflösungen bis hin zu Schrottplätzen. „Die Zutatenliste für meine Objekte erweiterte sich mit der Zeit und ich verwende inzwischen allerlei alte und vorwiegend metallene Gebrauchsgegenstände. Die wähle ich nach Form, Farbe und Zustand aus. Man darf ihnen die Lebens- bzw. Gebrauchsspuren gern ansehen. Manchmal baue ich aber auch einfach defekte Geräte auseinander und finde Kugellager, Schrauben, Lüfterräder oder Quirle.
So kommt es, dass eine eine alte französische Fahrradlampe – „viel eleganter als die deutschen“ – mit Accessoires wie einer alten englischen Fahrradflügelmutter uns als Weltenbummler „Fliwatüt VII“ entgegenleuchtet oder eine alte Kutschenlampe als eindrucksvolle Staatskarosse in neuem Glanz erstrahlt.Birgit hat ihre Kreationen in „Arbeitsgruppen“ aufgeteilt: Einäugige Bandit*innen begegnen Straßenkreuzer*innen, Weltenbummelnde treffen auf Kosmopolit*innen, Schwergewichte begleiten Minimalist*innen, die Wellengang-Serie, aus Strandholz gefertigte Seestücke, ist als Sehnsuchts-Kompliment an ihre Nordseeheimat zu verstehen. Vor 10 Jahren hat Birgit Borstelmann in Hamburg-Bahrenfeld in der Gewerkstatt, einem Zusammenschluss von Künstler*innen und Handwerker*innen, eine passende Heimat für ihre Truppe gefunden! Denn die einäugige Zelda mit Spülbürsten-Tütü, der Fähnchen schwingende Blaumichel und Konsorten lieben Besuch – aktive Besuchende: Anfassen ist erbeten. Hier wird geschoben, gedrückt geklappert und am Rad gedreht, hier hebt sich ein Kolben, dreht sich ein Auge und da wird Gäst*innen auch mal die Zunge rausgestreckt. Verblüfftes Staunen und kindliche Euphorie gehen hier Hand in Hand. Birgit sieht ihre „Mechanischen Objekte und Spielereien“ so: „Ich erfinde – verleihe Flügel und Titel – bringe Kolben und Propeller in Bewegung - verändere Definitionen- gebe ein zweites Leben – halte die Zeit an – schmiede am Glück und lasse den Dingen ihren Lauf…“
birgit-borstelmann.de
Autorin: Renate Preuss
Dieser Artikel ist im SEASIDE Magazin 2021 erschienen.
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